Mittwoch, 9. Februar 2011

Ich kann was, das du nicht kannst...

Normalerweise kann ich für Texte, die wir in der Schule behandelt haben, keine große Begeisterung aufbringen. Sie können noch so schön sein, trotzdem brauche ich dann eine weile, um diese Texte zuzulassen. Diesen Text haben wir heute in Deutsch besprochen, ich finde zwar nicht, dass es einer der am schönsten geschriebenen Texte der ganzen Welt ist, doch das ist wirklich unwichtig.
Er spricht die Wahrheit in etwas verhüllter Weise aus.
Die aussage des Textes erinnert mich an vergangene Tage, an liebe Menschen, die alles tun würden, damit man erkennt, dass nicht alles schrecklich istund einem so wundervoll vor Augen führen, dass es nicht dass wichtigste ist, tausend Begabungen zu haben und alles am besten zu können.
Es gibt verschiedene Arten von Intelligenz, sie können sich ganz unterschiedlich ausdrücken und zeigen, viel zu wissen ist noch lange nicht alles.

Drei Frauen wollten am Brunnen Wasser holen. Nicht weit davon saß ein alter Mann auf einer Bank und hörte zu, wie die Frauen ihre Söhne lobten.
"Mein Sohn", sagte die erste, "ist so geschickt, daß er alle anderen hinter sich läßt …" "Mein Sohn", sagte die zweite, "singt so schön wie die Nachtigall! Es gibt keinen, der eine so schöne Stimme hat wie er …"
"Und warum lobst du deinen Sohn nicht?" fragten sie die dritte, als diese schwieg. "Er hat nichts, was ich loben könnte", entgegnete sie. "Mein Sohn ist nur ein gewöhnlicher Knabe, er hat nichts Besonderes an sich und in sich …"
Die Frauen füllten ihre Eimer und gingen heim. Der alte Mann aber ging langsam hinter ihnen her. Die Eimer waren schwer und die abgearbeiteten Hände schwach. Deshalb legten die Frauen eine Ruhepause ein, denn der Rücken tat ihnen weh.
Da kamen ihnen drei Jungen entgegen. Der erste stellte sich auf die Hände und schlug Rad um Rad. Die Frauen riefen: "Welch ein geschickter Junge!" Der zweite sang so herrlich wie die Nachtigall, und die Frauen lauschten andachtsvoll mit Tränen in den Augen. Der dritte Junge lief zu seiner Mutter, hob die Eimer auf und trug sie heim.
Da fragten die Frauen den alten Mann: "Was sagst du zu unseren Söhnen?" "Wo sind eure Söhne?" fragte der alte Mann verwundert. "Ich sehe nur einen einzigen Sohn!"
Leo N. Tolstoi

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